Ein Plädoyer für die Zweisamkeit
Glücklich Verliebte sehnen sich danach. Sie freuen sich stundenlang auf ein Wiedersehen. Mütter, die gern stillen, genießen die innige Verbundenheit mit ihrem Kind. Manches Baby scheint die Zweisamkeit geradezu gierig aufzusaugen. Babys genießen mit jeder Faser ihres Körpers. Auch wer einen Hund oder eine Katze hat, erfährt es immer wieder: Zwei können sich ohne Worte verstehen. Es gibt wirklich Schöneres, als den Aufenthalt in einer Masse.
Kleine Kinder sind in den ersten Monaten und Jahren immer wieder gern nur zu zweit. Allein mit Mama. Später auch allein mit Papa. Nur mit Oma oder Opa zusammen sein, kann auch schön sein. Ob Bruder, Schwester, bester Freund oder beste Freundin – Nähe und Vertrautheit sind wichtig. Vor allem am Anfang und am Ende eines Lebens.
Kinder fordern ein, was sie brauchen. Immer wieder beharren Krippenkinder darauf, ihre Erzieherin (oder eine Lieblingspraktikantin) beim Gang zur Toilette zu begleiten. Lieber warten sie allein vor der verschlossenen Tür, als „gem-einsam“ im Gruppenraum zwischen Kindern zu spielen, die Erwachsene zu ihren Freunden erklärt haben.
Zweisamkeit bedeutet für Kleinkinder zumeist: Alles gut! Kein Grund zur Eifersucht, kein Grund zur Angst. Schutz und Wärme. Alltag in der Kita dagegen: Kratzwunden im Gesicht und plötzlich auf dem Po landen. Einfach umgeschubst oder von einem anderen Kind gekratzt, gehauen, gekniffen oder fest gebissen zu werden.
Welcher Erwachsene würde gern auf eine Arbeitsstelle gehen, wenn er dort von einem Kollegen alle paar Tage angefallen und gebissen wird? – „Aber so ist es im Berufsleben doch nun mal!“ mag jetzt vielleicht mancher denken. Erwachsene werden nur anders gebissen. Sozusagen symbolisch. Sie müssen sich durchs Leben beißen und sich beißen lassen. Auf keiner Karriereleiter geht es ohne Blessuren ab.
STUHLKREIS HEUTE „Mein Papa hat nachts so ein Gummiding im Mund und meine Mama auch. Le-le-letzte Nacht hat Papa d-d-das kaputtgebissen.“
Die Erzieherin im Stuhlkreis der Vorschulkinder hört interessiert zu. „Dann braucht dein Papa jetzt bestimmt schnell wieder eine neue Knirscherschiene! – Sie knirscht mit ihren Zähnen, um den Kindern anschaulich zu vermitteln, wogegeneine Aufbissschiene hilft.
Ja, Erzieherinnen können auch mal mit den Zähnen knirschen!
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